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Was sind Chancen und Risiken bei der Norm ISO 45001?

Auch die Norm ISO 45001 folgt dem Konzept „Planen-Durchführen-Prüfen-Handeln“, besser bekannt unter dem englischen Titel „Plan-Do-Check-Act“ (abgekürzt PDCA), der als iterativer – sich regelmäßig wiederholender – Zyklus zur angestrebten fortlaufenden Verbesserung führen soll.

Nachdem die Normabschnitte 4 und 5 sich mit der strategischen Einbindung des Arbeitsschutzmanagementsystem (Managementsystem für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz) und den Aufgaben der Führung (sowie die Einbindung der Mitarbeiter) beschäftigt und damit für die Ausrichtung des operativen Vorgehens gesorgt haben, folgt der Rest der Norm jetzt direkt dem PDCA-Zyklus, beginnend mit dem ISO 45001 Abschnitt 6 „Planung“.


Was sind die Anforderungen der ISO 45001 zum Umgang mit Chancen und Risiken für ein Arbeitsschutzmanagementsystem?

Der Abschnitt 6 der ISO 45001 besteht aus 2 Unterabschnitten: Unterabschnitt 6.1 fordert die Ermittlung und Bewertung von Risiken und Chancen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (was die aus rechtlichen Anforderungen bekannte ISO 45001 Gefährdungsbeurteilung einschließt, aber über diese hinausgeht) sowie ggf. – abhängig von den Ergebnissen der Bewertung – die Festlegung von Maßnahmen zum Umgang mit diesen SGA Risiken. Unterabschnitt 6.2 fordert die Festlegung von SGA Zielen und die Planung der Zielerreichung. Im Unterschied zur OHSAS 18001 besteht das Maßnahmenprogramm also nicht mehr nur aus den Maßnahmen zur Zielerreichung, sondern muss zusätzlich auch die notwendigen Maßnahmen zum Umgang mit SGA Risiken und SGA Chancen enthalten.

Maßnahmen zum Umgang mit SGA Risiken und SGA Chancen

Risiken und Chancen gemäß ISO 45001 - Umgang mit SGA Risiken und SGA Chancen

Bei den Risiken und Chancen unterscheidet ISO 45001 (vgl. Anm. 5 zur Begriffsdefinition 3.20 „Risiko“) zwischen SGA Risiken und SGA Chancen und anderen Risiken und Chancen für das Managementsystem. SGA Risiken (Begriffsdefinition 3.21 in der ISO 45001) sind solche, die mit „gefahrbringenden Ereignissen oder Expositionen“ zusammenhängen – entsprechen also denen, die in der ISO 45001 Gefährdungsbeurteilung bewertet werden. SGA Chancen (3.22) sind „Umstände, die zur Verbesserung der SGA Leistung führen können“. Die „anderen“ Risiken und Chancen sind nicht weiter bestimmt, so dass mit 6.1.1 ISO 45001 hierunter Risiken und Chancen zu verstehen sind, die negative Auswirkungen auf das SGA Managementsystem haben können, also dazu führen können, dass dieses seine beabsichtigten Ergebnisse nicht erreicht (Risiken) oder positive Auswirkungen haben (Chancen).

Im folgenden werden sie strategische Risiken und Chancen genannt. Zu diesem Verständnis passt auch die ISO 45001 Anforderung, bei der Planung die in 4.1 genannten Themen und die in 4.2 genannten Anforderungen zu berücksichtigen. Daneben sind bei der Ermittlung die Gefährdungen und die mit ihnen verbundenen SGA Risiken und SGA Chancen, rechtliche Verpflichtungen und andere Anforderungen sowie (geplante und ungeplante) Änderungen der Organisation, der relevanten Prozesse und des SGA Managementsystems zu berücksichtigen. Sie müssen die ermittelten SGA Risiken und SGA Chancen dokumentieren; die Prozesse zu ihrer Ermittlung und Behandlung „im notwendigen Umfang“ ebenfalls.

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Notwendiger Umfang dokumentierter Information

ISO 45001 fordert an verschiedenen Stellen – etwa hier bei der Ermittlung und Behandlung von SGA Risiken und SGA Chancen, aber auch bei der betrieblichen Planung und Steuerung (8.1 ISO 45001) – „dokumentierte Information im notwendigen Umfang, um darauf vertrauen zu können, dass sie wie geplant durchgeführt werden“. Der „notwendige Umfang“ ist in der Norm nicht bestimmt und daher vom Unternehmen selbst festzulegen.

Die Kernfrage ist: Brauchen wir eine dokumentierte (in den meisten Fällen also schriftliche) Vorgabe, damit der Prozess so durchgeführt wird, wie er soll? Das ist von verschiedenen Faktoren abhängig: Komplexität des Prozesses, Qualifikation sowie Anzahl der Prozessbeteiligten, Häufigkeit der Durchführung etc. Ist es möglich, dieses auch anders sicherzustellen, z.B. durch mündliche Unterweisung und anschließende Überwachung, kann eine schriftliche Vorgabe grundsätzlich auch als nicht notwendig eingestuft werden und muss dann auch nicht erstellt werden. Bei der Zertifizierung ist dann ggf. mit Nachfragen des Auditors zu rechnen, daher sollte man die Nicht-Notwendigkeit immer geprüft haben und begründen können.


Wie wird bei der Ermittlung von Risiken und Chancen für ein Arbeitsschutzmanagement vorgegangen?

Wenn Sie Risiken und Chancen der Norm ISO 45001 ermitteln, empfiehlt es sich, diese schon bei der Ermittlung der relevanten externen und internen Themen aus dem Kontext der Organisation und den Anforderungen interessierter Kreise mit zu ermitteln.

Wie verläuft eine Gefährdungsbeurteilung?

Zur Ermittlung und Bewertung der operativen SGA Risiken sowie SGA Chancen im Zusammenhang mit Gefährdungen eignet sich die ISO 45001 Gefährdungsbeurteilung. Diese ist im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und den Verordnungen, die dieses konkretisieren, vorgeschrieben und sollte im Unternehmen vorhanden sein. Ist das nicht der Fall, muss sie ohnehin zur Erfüllung rechtlicher Anforderungen erstellt, bei Mängeln ggf. vervollständigt oder aktualisiert werden.

Planung der ISO 45001 Gefährdungsbeurteilung

Es muss geregelt werden, wer die Gefährdungsbeurteilung durchführt (nach ArbSchG ist dies der „Arbeitgeber“ – wer dessen Rolle für konkrete Aufgaben wahrnimmt, ist im Betrieb zu regeln, siehe Teil 5 dieser Serie; die Fachkraft für Arbeitssicherheit sollte dabei unterstützen) und welche Arbeitsbereiche und Tätigkeiten im Betrieb für die Untersuchung abgegrenzt werden sollen (es müssen alle Tätigkeiten erfasst werden, aber gleichartige Tätigkeiten können gemeinsam beurteilt werden).

Ermitteln der Gefährdung

Für alle festgelegten Arbeitsbereiche und Tätigkeiten sind Gefährdungen (also Unfall- und Gesundheitsgefahren sowie die den Gefahren ausgesetzten Mitarbeiter) zu identifizieren. Zur Erfassung kann man Listen mit Gefährdungsfaktoren (Gefahren) heranziehen, die branchenspezifisch von den Berufsgenossenschaften angeboten werden. Die eigentliche Erfassung erfolgt dann mittels Betriebsbegehungen, Gesprächen mit Mitarbeitern, etc. Typischerweise beurteilen Sie die Gefährdungen auch sofort).

Beurteilung der Gefährdung

Die Beurteilung (= Risikobewertung) findet unter Berücksichtigung der im Betrieb bereits umgesetzten Schutzmaßnahmen statt. Wichtige Grundlagen sind z.B. normierte Schutzziele (Schutzziele, die als rechtliche Verpflichtungen verbindlich sind), Leitmerkmale (Leitmerkmalmethode des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik) oder die eigene Einschätzung von Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß. Dabei entscheiden Sie mindestens, ob das Risiko akzeptabel ist oder ob Handlungsbedarf besteht.

Festlegung der zusätzlichen Schutzmaßnahmen

Ergibt die Risikobewertung Handlungsbedarf, müssen Sie zusätzliche Schutzmaßnahmen festgelegen. Dabei müssen Sie die grundsätzliche Rangfolge von Maßnahmen im Arbeitsschutz beachten:

  • Gefahrenquelle beseitigen,
  • Sicherheitstechnische Maßnahmen,
  • Organisatorische Maßnahmen,
  • Benutzung von persönlicher Schutzausrüstung,
  • Verhaltensbezogene Schutzmaßnahmen.

Umsetzung von Maßnahmen

Alle Maßnahmen werden mit Zuständigkeiten, Mitteln und Fristen festgelegt. Ihre Umsetzung sollten Sie (z.B. im Arbeitsschutzausschuss) überwachen.

Wirksamkeitsprüfung

Da das ArbSchG für alle Maßnahmen des Arbeitsschutzes eine Wirksamkeitsprüfung fordert, gilt das auch für zusätzliche Schutzmaßnahmen in Folge einer Gefährdungsbeurteilung. Das Vorgehen zur Wirksamkeitsprüfung sollte zusammen mit der Maßnahme festgelegt werden.

Fortlaufende Aktualisierung

Bei allen sicherheitsrelevanten Änderungen (Verfahren, Arbeitsstoffe, Arbeitsmittel, …) im Betrieb muss die ISO 45001 Gefährdungsbeurteilung fortgeschrieben werden; dazu muss sie regelmäßig auf fortdauernde Aktualität und Richtigkeit überprüft werden. 

Im Zusammenhang mit der Norm ISO 45001 ist zu beachten, dass die Norm auch fordert, dass die Sicherheit von Besuchern und anderen Personen mit Zugang zum Arbeitsplatz zu berücksichtigen ist. Im ArbSchG und den zugehörigen Verordnungen geht es nur um Beschäftigte (ggf. auch die anderer Arbeitgeber, so dass bei gegenseitiger Gefährdung mit Fremdfirmen auch bei der ISO 45001 Gefährdungsbeurteilung zusammengearbeitet werden muss). Regelungen für die Sicherheit von Besuchern und anderen Personen gibt es in vielen Unternehmen aber schon (aufgrund der Verkehrssicherungspflichten nach § 823 BGB, vereinfacht: wer Gefahren für Dritte schafft, ist für deren Sicherheit verantwortlich).

Die Regelungen sollten auf einer Prüfung möglicher Gefährdungen beruhen, so dass ggf. auf diese verwiesen werden kann. Bei den Gefährdungen sind zudem auch Notfälle und ihre Ursachen zu berücksichtigen (bei OHSAS 18001 war diese Anforderungen auch, aber im Kapitel über Notfallvorsorge, enthalten – die Zuordnung zur ISO 45001 Gefährdungsbeurteilung ist sachlich nachvollziehbar und auch gesetzlich gefordert; so gehören etwa Brandgefährdungen zur Beurteilung von Arbeitsstätten und Arbeitsstoffen).


Die Norm ISO 45001 fordert die Ermittlung der SGA Chancen

Nicht zur klassischen Gefährdungsbeurteilung gehört dagegen die in ISO 45001 jetzt ebenfalls geforderte Bewertung von SGA Chancen. Interessanterweise stellt die Norm ISO 45001 auch keine Anforderungen an die Ermittlung von SGA Chancen, sondern nur an die von Gefährdungen; diese und andere Chancen müssen aber (6.1.2.3 ISO 45001) bewertet werden und sie müssen bei den festzulegenden Maßnahmen berücksichtigt werden. Im erläuternden (nicht verbindlichen) Anhang A der ISO 45001 wird gesagt, dass SGA Chancen „die Ermittlung von Gefährdungen, die Art, wie diese kommuniziert werden sowie die Analyse und Verringerung bekannter Gefährdungen“ betreffen.

Man kann also SGA Chancen als die andere Seite der SGA Risiken betrachten. Ein erkanntes Risiko, dass mit wirksamen Maßnahmen verringert wurde, stellt zugleich eine genutzte Chance dar. Als (weitere) Beispiele für Möglichkeiten zur Verbesserung der SGA Leistung werden dort zum Beispiel Begehungen und Audittätigkeiten, Erlaubnis für bestimmte Arbeiten und andere Anerkennungs- und Kontrollmethoden oder Vorfalluntersuchungen und Korrekturmaßnahmen aufgeführt – allesamt Punkte, die in Rechtsvorschriften oder der Norm ohnehin gefordert werden. So sind die ISO 45001 Anforderungen nach Bewertung von SGA Chancen dahingehend zu verstehen, dass das dabei erkannte Verbesserungspotenzial nicht vergessen werden darf, sondern systematisch bewertet und ggf. mit festgelegten Maßnahmen umgesetzt werden muss. Beispiele des Anhangs A für „andere Chancen“ sind die Integration des Arbeitsschutzes in „früheste Phasen des Lebenszyklus von Einrichtungen oder Arbeitsmitteln …“ – auch dies ist in Deutschland gesetzlich ohnehin gefordert (BetrSichV etc.).

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