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Was ist eine Gefährdungsbeurteilung im Arbeitsschutzmanagement?

Arbeitgeber müssen die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes treffen – dazu müssen sie die Arbeit so gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben und die Gesundheit der Beschäftigten möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung so gering wie möglich gehalten wird. Dazu müssen die Gefährdungen aber erst einmal bekannt sein und die Ermittlung muss durch eine dokumentierte Gefährdungsbeurteilung erfolgen. Erhalten Sie hier eine Antwort auf die Frage “ Was ist eine Gefährdungsbeurteilung ?“ und hilfreiche Tipps über ihren Inhalt und Aufbau sowie den Anforderungen an eine Gefährdungsbeurteilung .


Welche Anforderungen stellt das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) an die Gefährdungsbeurteilung?

In § 5 ArbSchG ist vorgegeben, dass die Gefährdungsbeurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen ist. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen reicht die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit. Zudem ist eine Reihe von Faktoren aufgeführt, durch die sich „insbesondere“ Gefährdungen ergeben können:

  • Gestaltung und Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes,
  • physikalische, chemische und biologische Einwirkungen,
  • Gestaltung, Auswahl und Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere Arbeitsstoffe, Maschinen, Geräte und Anlagen und der Umgang damit,
  • Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit sowie deren Zusammenwirken,
  • Unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten,
  • psychische Belastungen bei der Arbeit.

Das Wort „insbesondere“ zeigt, dass diese Aufzählung nicht abschließend zu verstehen ist, sondern dass es weitere Gefährdungsfaktoren geben kann. So nennt § 3 BetrSichV etwa Wechselwirkungen der Arbeitsmittel untereinander oder mit Arbeitsstoffen oder der Arbeitsumgebung. § 6 GefStoffV konkretisiert die Gesichtspunkte, mit denen chemische Einwirkungen zu beurteilen sind. Insbesondere zu den Anforderungen der BetrSichV, der GefStoffV und auch der Biostoffverordnung (BioStoffV) gibt es zudem technische Regeln (BetrSichV: TRBS 111 ff., GefStoffV: TRGS 400 ff., BioStoffV: TRBA 400 ff.). Darüber hinaus gibt es aber keine Vorgabe, wie eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen ist.


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Welche Gesetze fordern eine Gefährdungsbeurteilung?

Die Grundpflicht des Arbeitgebers, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um eine Gefährdung für das Leben und die physische und psychische Gesundheit der Beschäftigten möglichst zu vermeiden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering zu halten, wird in § 3 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) begründet und in mehreren Verordnungen zum ArbSchG konkretisiert. In § 5 ArbSchG ist zudem geregelt, dass durch eine Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln ist, welche Maßnahmen erforderlich sind. Nach § 6 ArbSchG ist das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, die festgelegten Maßnahmen und das Ergebnis ihrer Überprüfung zu dokumentieren. Bei der letzten Änderung des ArbSchG im Oktober 2013 ist die bisher geltende Ausnahme für kleine Unternehmen bis 10 Mitarbeiter entfallen.

Was ist eine Gefährdung ?

Möglichkeit eines Gesundheitsschadens oder einer gesundheitlichen Beeinträchtigung (ohne bestimmte Anforderungen an deren Ausmaß oder Eintrittswahrscheinlichkeit). Anmerkung: Ein Gesundheitsschaden kann durch eine plötzliche Einwirkung (Arbeitsunfall) oder eine langandauernde Belastung (Berufskrankheit) entstehen.

Gefährdungsbeurteilung Grafik der VOREST AG

Die Anforderungen an eine Gefährdungsbeurteilung werden in zahlreichen Verordnungen zur ArbSchG konkretisiert: So ist bspw. in § 3 Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) gefordert, dass bei der Gefährdungsbeurteilung die notwendigen Maßnahmen für die sichere Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln zu ermitteln sind und – wenn die Bildung explosionsfähiger Atmosphären nicht sicher verhindert werden kann – auch die Wahrscheinlichkeit und Dauer des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphären, die Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins, der Aktivierung und des Wirksamwerdens von Zündquellen sowie die zu erwartenden Auswirkungen von Explosionen zu ermitteln sind.

In § 6 Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) wird gefordert, dass ermittelt wird, ob Beschäftigte mit Gefahrstoffen arbeiten (auch mit solchen, die bei der Arbeit erst entstehen oder freigesetzt werden) und dann die hiervon ausgehenden Gefährdungen zu beurteilen sind. Auf die Gefährdungsbeurteilung und deren Dokumentation nach ArbSchG wird auch in den berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen der Prävention (BGV A1) verwiesen. Informationen über die im Betrieb getroffenen Maßnahmen sind auf deren Wunsch auch der Berufsgenossenschaft zur Kenntnis zu geben.

Weitere Informationen

Einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Grundlagen und die Anforderungen an die Gefährdungsbeurteilung gibt die Vorlage „Rechtskataster Gefährdungsbeurteilung“.


Vorbereitung und Inhalt

Eine Gefährdungsbeurteilung ist eine systematische Ermittlung und Bewertung relevanter Gefährdungen der Beschäftigten, auf deren Basis erforderliche Maßnahmen festgelegt werden. Die umgesetzten Maßnahmen sind auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen.

Wer ist verantwortlich?

Die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung gehört zu den Grundpflichten des Arbeitgebers – Arbeitgeber sind (§ 2 ArbSchG) „natürliche oder juristische Personen“, die Mitarbeiter beschäftigen. § 13 ArbSchG stellt klar, dass bei juristischen Personen das vertretungsberechtige Organ (bei einer GmbH also die Geschäftsführung) verantwortlich für die Erfüllung der Pflichten sind, aber auch die „Personen, die mit der Leitung eines Unternehmens oder eines Betriebes beauftragt sind, im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse.“

Unternehmensleitung

Die Unternehmensleitung kann also Führungskräfte mit der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung beauftragen. Aufgaben kann diese zudem an zuverlässige und fachkundige Personen delegieren. Es kommt also auch eine Vergabe an Spezialisten in Frage. Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit haben nach § 6 Arbeitssicherheitsgesetz (ArbSichG) die Aufgabe, den Arbeitgeber in allen Fragen der Arbeitssicherheit zu unterstützen, insbesondere (u.a.) bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen. Gleiches gilt nach § 3 ArbSichG für die Betriebsärzte. Auch in der DGUV Vorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ ist die Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung als Aufgabenfeld der Grundbetreuung durch Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt genannt. Da manche Führungskräfte es gerne sehen würden, wenn die Fachkraft für Arbeitssicherheit für die Gefährdungsbeurteilung verantwortlich wäre, bleibt festzustellen, dass diese nur dann verantwortlich sein kann, wenn ihr diese Aufgabe schriftlich übertragen wurde.

Fachkraft für Arbeitssicherheit

Da die Fachkraft für Arbeitssicherheit bei der Anwendung ihrer Fachkunde weisungsfrei ist (§ 8 ArbSichG), geht dies nur, wenn die Fachkraft hiermit einverstanden ist. Sie sollte in jedem Fall ausreichend zusätzliche Zeit hierfür erhalten, um ihre gesetzlichen Aufgaben dennoch erfüllen zu können. Man sollte sich in jedem Fall bewusst sein, dass dies nicht die vom Gesetzgeber gewollte Lösung ist – der sieht nicht ohne Grund die Führungskräfte in der Verantwortung. Schon um die Qualität zu sichern, sollten auch die Mitarbeiter in die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung einbezogen werden: Sie kennen die tatsächliche Ausführung der Arbeit oft am besten und kennen gefährliche Situationen und Betriebszustände, die beachtet werden sollten. Mindestens die Entscheidung über Maßnahmen ist sowieso nach § 87 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVerfG) mitbestimmungspflichtig. Die Informations- und Anhörungsrechte nach § 89 BetrVerfG gelten für alle Tätigkeiten im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung.


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Zeitpunkt der Gefährdungsbeurteilung

Die Gefährdungsbeurteilung ist ein kontinuierlicher Prozess. So regelt die BGV A1, dass die Gefährdungsbeurteilung immer dann zu überprüfen ist, wenn sich die betrieblichen Gegebenheiten hinsichtlich Sicherheit und Gesundheitsschutz verändert haben. Auch wenn die Auswertung arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen Anhaltspunkte für unzureichende Schutzmaßnahmen ergibt, ist die Gefährdungsbeurteilung zu überprüfen (§ 8 Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge). Bei der erstmaligen Gefährdungsbeurteilung sind schrittweise die gesamte Arbeitsstätte und alle Arbeitsplätze/Tätigkeiten zu untersuchen. Anschließend sollte eine Fortschreibung, beginnend möglichst bereits in der Planungsphase, immer dann erfolgen, wenn wesentliche Änderungen vorgenommen oder neue Arbeitsplätze eingerichtet werden. Um die Gefährdungsbeurteilung an neue Erkenntnisse anzupassen, sollte sie zudem in festgelegten Zeitintervallen überprüft werden – die Intervalle und Überprüfungsformen sollten vom Unternehmen festgelegt werden (und müssen nicht für alle Bereiche und Gefährdungsfaktoren gleich sein).

Methoden und Gefährdungsbeurteilung – Inhalt

Die Gefährdungsbeurteilung wird z.B. mittels Betriebsbegehungen, Mitarbeiterbefragungen, sicherheitstechnischer Überprüfungen von Arbeitsmitteln etc. durchgeführt. Das Verfahren hängt vom zu beurteilenden Arbeitsbereich, dem erwarteten Gefährdungspotenzial und den personellen sowie organisatorischen Möglichkeiten ab. Ziel ist es, die relevanten Gefährdungsfaktoren zu erfassen und zu bewerten. Branchenrelevante Gefährdungsfaktoren, die zum Gefährdungsbeurteilung Inhalt gehören, sind oftmals in Checklisten der Berufsgenossenschaften zusammengestellt. Häufig sind dies:

  • mechanische Gefährdungen
  • elektrische Gefährdungen
  • Gefahrenstoffe
  • Biologische Arbeitsstoffe
  • Brand- und Explosionsgefährdungen
  • Gefährdungen durch Hitze oder Kälte
  • Lärm, Vibrationen, Strahlung, Druck
  • Arbeitsumgebung (Klima/Licht/…)
  • organisatorische Mängel (Erste Hilfe/Fluchtwege/…)
  • physische Belastungen
  • psychische Belastungen

Zu ermitteln ist, welche Beschäftigten (und ggf. Besucher) von welchen Gefährdungen betroffen sind und wie die Gefährdungen zu bewerten sind – insbesondere, ob das Risiko (also die Wahrscheinlichkeit und Schwere eines möglichen Schadens durch die Gefährdung) akzeptabel oder nicht akzeptabel ist. Bei der Bewertung (Risikobeurteilung) sind unterschiedliche Betriebszustände (neben dem Normalbetrieb etwa Ingangsetzen/Stillsetzen, Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten, Störungen etc.), eigene Mitarbeiter (einschließlich Leiharbeiter) und solche von Fremdfirmen sowie besonders schutzbedürftige Personen (Jugendliche, Schwangere und stillende Mütter, behinderte Menschen, Rehabilitanden) zu berücksichtigen. Bei der Bewertung müssen Sie zudem beachten, ob Rechtsvorschriften (als „normierte Schutzziele“) eingehalten werden. Betriebliche Erfahrungen, Regeln, die den Stand der Technik wiedergeben sowie der Stand der arbeitswissenschaftlichen Erkenntnis geben ebenfalls Orientierung. Ist das Risiko nicht akzeptabel, werden erforderliche Maßnahmen und ihre Dringlichkeit festgelegt.

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